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Sayda, Zu unserer lieben Frauen, Jeheber-Orgel
Standort
Adresse: Pfarrgasse 6, 09619 Sayda
Gebäude: Evangelisch Lutherische Kirche "Zu unserer lieben Frauen"
Orgelbeschreibung
Baujahr: Erbauer: Manuale: Register: Windladen: Spieltraktur: Registratur: Stimmtonhöhe: Stimmung: Restaurierung: |
1856 Carl Jeheber / Fertigstellung durch Johann Gotthold Jehmlich II 25 Schleifladen mechanisch mechanisch 447,3 Hz gleichstufig Jehmlich Orgelbau Dresden 2010 |
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Eine Vorgängerorgel wurde offensichtlich um 1578 vom Orgelbauer Bartholomäus Zenker aus Eilenburg für 200 Gulden errichtet. Sie verfügte über 12 Stimmen, davon 9 im Manual und 3 im Pedal. Diese Orgel ging vermutlich mit dem Stadtbrand von 1599 verloren.
Am 31. August 1842 fielen große Teile der Stadt Sayda einer Feuersbrunst zum Opfer. Kirche und Orgel wurden beschädigt. Der Wiederaufbau der Stadt erfolgte zügig. Im Oktober 1843 erhielt die Kirche ein neues Dach. Am 1. Juli 1844 wurde der Grundstein für den neu zu errichtenden Kirchturm gelegt.1846 waren die Arbeiten an der Kirche abgeschlossen, so dass im Jahre 1847 mit dem Bau einer neuen Orgel begonnen werden konnte. Gedanken über eine neue Orgel machte man sich jedoch bereits vier Jahre früher. Es gab Kostenangebote von den Orgelbauern Christian Friedrich Göthel aus Borstendorf und Carl Gottlieb Jeheber (Schwager der Gebrüder Jehmlich) aus Friedebach. Jeheber erhielt als günstigster Anbieter den Auftrag. Er wollte seiner Heimatgemeinde etwas Gutes tun und leistete einen Teil der Arbeit ehrenamtlich. Die Gemeinde entschloss sich zur Erneuerung und Tieferlegung der Orgelempore auf das heutige Niveau. Die Vorraussetzungen für die Anschaffung einer größeren Orgel waren damit geschaffen. Der Bau der Orgel dauerte insgesamt 9 Jahre.1855 starb Carl Gottlieb Jeheber, noch vor Vollendung der Orgel. Die Gebrüder Jehmlich aus Dresden übernahmen die Fertigstellung . Am 24. April 1856 konnte die Orgel vom Dresdner Hoforganisten Johann Gottlob Schneider abgenommen werden. Schneider bezeichnete es als „vollkommen tüchtig und wohlgelungenes Werk“.
1862 wurde ein Pflegevertrag mit dem Orgelbauer Karl Traugott Stöckel aus Dippoldiswalde abgeschlossen. Da Stöckel vor seiner Verselbstständigung ein Schüler und Gehilfe von Johann Gotthold Jehmlich war, könnte er mit der Saydaer Orgel recht vertraut gewesen sein. Stöckel starb 1881, doch erst aus dem Jahre 1908 lassen sich Nachweise finden, dass die Pflege der Orgel wieder durch die Gebrüder Jehmlich ausgeführt wurde.
1917 beschlagnahmte man die Prospektpfeifen aus Zinn für Kriegszwecke. Der Einsatz der Orgel war so nicht mehr gewährleistet. Ersatzpfeifen mußten angeschafft werden.
1927 wurde ein elektrischer Gebläsemotor eingebaut. Das Amt des Bälgetreters wurde abgeschafft.
1931 boten die Gebrüder Jehmlich eine gründliche Reinigung des Orgelwerkes zum Preise von 500,- Mark an. Komplikationen bahnten sich an, als ein bisher unbekannter Wanderorgelbauer namens Edmund Thienel, der seine Adresse mit „derzeit Frauenstein“ angab, im April 1932 ein Gutachten über die Orgel und ein Kostenangebot für eine erweiterte Reinigung abgab. Er machte ein günstigeres Angebot und erhielt den Auftrag zur Orgelstimmung und einer Verbesserung der Windversorgung.
Thienel sitzen derweil Gläubiger im Nacken. Der Sattler- und Tapeziermeister Johannes Gahmig aus Frauenstein fordert die Kirchgemeinde auf, das dem Herrn Thienel „für die Arbeiten an der Orgel zustehende Endgeld [sic!] nicht auszuzahlen, sondern in Verwahrung zu behalten bis zur Höhe von M 100,-“ und, sofern dieser „einverstanden ist“, den Betrag auf das Girokonto des Sattlermeisters zu überweisen- „auf keinen Fall aber bar auszahlen, sondern einbehalten.“
Die Skepsis gegenüber der Qualität der von Thienel ausgeführten Arbeiten nahm zu. Orgelbaumeister Alfred Schmeißer aus Rochlitz wird um ein Gutachten über die an der Windversorgung ausgeführten Arbeiten angefragt. Dieser kam zu der Überzeugung, dass durch die Art und Weise des Anschlusses des zweiten Balges sich „das Übel keinesfalls gebessert, sondern eher verschlechtert“ hat, „da der ‚Wind ja denselben Weg vorwärts- wie rückwärts zurücklegt und somit ein Wirbel in der Luftleitung entsteht!“
Der Querelen mit Thiele offensichtlich leid, wurde die Pflege der Orgel in den Folgejahren wieder den Gebrüdern Jehmlich übertragen.
1941 wurde der Klang des Werkes „sowohl in Bezug auf die einzelnen Stimmen, als auch im vollen Werk“ als „sehr schön“ beschrieben.
Weiterhin hieß es im Gutachten Dr. Otto Haases: “Die Bauart ist eine sehr solide. Alles in Allem stellt die Orgel in Sayda ein schönes Denkmal der Orgelbaukunst der Mitte des 19. Jh dar und bildet eine rühmliche Ausnahme gegenüber den zahlreichen Orgelwerken, die als Werke der Orgelromantik eine Überfülle von Solostimmen aufweisen, bei starker Armut an Aliquoten und gemischten Stimmen. Sie ist ein ausgezeichneter Beweis dafür, dass in Sachsen die Silbermann’sche Bau- und Dispositionsweise bis weit in das 19.Jahrhundert hinein vorbildlich gewirkt hat.“
Doch man begnügte sich nicht mit Lob allein. Die Orgel wird als verbesserungswürdig eingeschätzt. Um den „künstlerischen Qualitäten des derzeitigen Organisten“ zu entsprechen, wurden Pläne geschmiedet, die Orgel einer „Elektropneumatifizierung“ zu unterziehen. Da dieses Vorhaben zu Kriegszeiten ohne Aussicht auf Umsetzung ist, wurden entsprechende Wünsche auf die Zeit nach dem Kriegsende verschoben. Glücklicherweise wurden diese auch nach Kriegsende nicht wieder aufgenommen.
1954 wurde Reinhard Schmeisser um ein Gutachten über den Zustand der Orgel und ein Angebot für Pflegearbeiten gebeten. Geld hierfür schien nicht vorhanden zu sein. Erst 1964 wurde die originale Kastenbalganlage entfernt und durch den Einbau des heute noch vorhandenen Schwimmerbalges ersetzt.
In den Folgejahren wurden offensichtlich neben kleineren Instandhaltungsarbeiten keine grundlegenderen Arbeiten an der Orgel ausgeführt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelte es sich bei den 1932 ausgeführten Reinigungsarbeiten um die letzten Arbeiten dieser Art, bevor im Jahre 2009 mit der Restaurierung der Orgel begonnen wurde.
Die Vorgeschichte der jetzt zu Ende gegangen Restaurierung reicht weit zurück. Bereits 1977 erstellt der Orgelsachverständige Christoph Schwarzenberg ein Gutachten. In diesem weist er bereits auf die Dringlichkeit einer Restaurierung hin. 1994 formulierte der Orgelsachverständige Reimund Böhmig, dass eine umfassende Restaurierung nach strengen denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erforderlich ist. Der Zustand der Orgel verschlechtert sich Jahr um Jahr. Mit Beginn des neuen Jahrtausends wurden mehrere Angebote eingeholt und in den Folgejahren aktualisiert. Jedoch erst im September 2009 kam es zu einer Vertragsunterzeichnung. In Folge wurde mit dem Ausbau der Orgel begonnen.
[Auszug aus dem Bericht über die Restaurierung und Rekonstruktion der Orgel 2009/2010 von Andreas Hahn, Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH]
Disposition
I. HAUPTWERK C-d''' |
II. OBERWERK C-d''' | PEDAL C-d' |
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1. Principal 16' 2. Groß-Octave 8' 3. Rohrflöte 8' 4. Viola di Gamba 8' 5. Octave 4' 6. Spitzflöte 4' 7. Quinta 3' 8. Octave 2' 9. Tertia 1 3/5' 10. Cornett (ab c1) IV 11. Mixtur IV |
12. Principal 8' 13. Quintatöne 8' 14. Gedackt 8' 15. Octave 4' 16. Rohrflöte 4' 17. Nassat 3' 18. Octave 2' 19. Sifflöte 1' 20. Mixtur III |
21. Untersatz 32' 22. Subbass 16' 23. Principalbass 16' 24. Octavbass 8' 25. Posaunenbass 16' |
KOPPELN UND SPIELHILFEN
Manualkoppel: II/I Pedalkoppel: I/P Schwebung Sperrventil zum HW Sperrventil zum OW Sperrventil zum Pedal Windtheilung Calcantenklingel |
Bildnachweis: Orgelarchiv Lang